Wer ist ein Messie?
Das Wort »Messie« ist eine Verniedlichungsform von »mess«, englisch für Durcheinander und Chaos. Messies türmen in ihren Wohnungen Stapel an Papier und anderen Gegenständen auf, sodass die Räume nahezu unbewohnbar werden. Das Verhalten weist Suchtcharakter auf, und oft ist den Betroffenen klar, dass ihre Motive mit Vernunft nicht haltbar sind. Gegenstände werden behalten, weil man sie irgendwann noch einmal brauchen könnte, oder sie werden mit Erinnerungen verknüpft, was das Wegwerfen verunmöglicht. Oft empfangen Messies keinen Besuch mehr und können so in soziale Isolation geraten. Viele Messies haben das Ideal, ihre Stapel durchzusehen und zu sortieren und sich ein privates, wohlgeordnetes Archiv aufzubauen.
Woher stammen Messies?
Das Warensortiment nimmt zu. Mit dem Internet hat sich die Informationsüberflutung verstärkt. Werbung und Marketing laden Objekte mit Emotionen auf. Die Flut an Waren und Informationsträgern zwingt dazu, ständig auswählen zu müssen. Messies stellt das vor grosse Probleme.
Wer wird Messie?
Wie verbreitet das Phänomen ist, zeigt die Resonanz in den Medien und die Flut von Ratgebern zum Thema sowie die Entstehung von Aufräumdiensten und Selbsthilfegruppen. Messies gehören in alle Schichten und Altersgruppen. Überproportional vertreten sind Leute mit guter Bildung, was zu breit gefächerten Interessen und der Neigung zum Archivieren führen kann.
Wie wurde das Phänomen bekannt?
Die Amerikanerin Sandra Felton hat das Phänomen als Betroffene weltweit bekannt gemacht. Ihre Ratgeber mit Titeln wie »Im Chaos werden Rosen blühen« wurden in den 80er Jahren allesamt zu Bestsellern, was belegt, wie viele sich im Stillen durch das Thema angesprochen fühlen. Felton hat 1981 in den USA eine Selbsthilfegruppe gegründet und den Begriff »Messie« geprägt (www.messies.com). Im deutschsprachigen Raum ist er seit Mitte der 1990er Jahre bekannt, Feltons Bücher Mitte der 90er auf Deutsch erschienen. Inzwischen gibt es ein dichtes Netz von Selbsthilfegruppen.
Wie viele Messies gibt es?
Felton schätzt die Zahl der Messies in den USA auf 33 Millionen, was bei einer Gesamtbevölkerung von 290 Millionen 12 Prozent entspricht. In Deutschland spricht man von 1.8 Millionen Betroffenen, was etwas über 2 Prozent der Bevölkerung sind. Diese Zahlen sind aber lediglich Schätzungen. Die Erhebung ist schwierig und die Dunkelziffer vermutlich gross, da die wenigsten Messies zu ihrem Problem stehen. Beobachtbar ist jedoch die steigende Anzahl von Selbsthilfegruppen. Allein in der Stadt Zürich bestehen vier Gruppen, weitere gibt es in Bern, Olten, Uster und Weinfelden. In Deutschland bestehen über zweihundert regionale Gruppen.
Literatur
- Annina Wettstein: Messies – Alltag zwischen Chaos und Ordnung
Hrsg.: Ueli Gyr, Gisela Unterweger, Zürcher Beiträge zur Alltagskultur, Band 14, Zürich 2004 - Sandra Felton: Im Chaos werden Rosen blühen
Übersetzung Ulrike Zellmer-Wettach
6. Aufl. Brendow Verlag 2003