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Müll – Mensch – Messie

Johannes von Arx am 11. April 2007 am 09:31 Uhr

Bilder prägen Menschen.
Bilder prägen Menschen.

Zwei mal der gleiche Satz, aber zweimal eine andere Bedeutung.

Die Bilder zwar, die sind immer die gleichen. Dabei denke ich primär an Fernsehbilder aus total vermüllten und verwahrlosten Wohnungen. Meist werden sie gedreht anlässlich von Zwangsräumungen, wobei im Kommentar jeweils das Wort »Messie« auftaucht.

Zum einen prägen solche Bilder die öffentliche Meinung über das, was unter Messietum verstanden wird: Müll, Schmutz und Ungeziefer à Discrétion.

Zum andern prägen solche Bilder die öffentliche Meinung über die Messies selbst: verwahrloste Menschen, die sich selbst nicht mehr pflegen und ihre Wohnung völlig sich selbst überlassen.

Doch was ist denn der Unterschied zwischen Messiesyndrom, wie es gelegentlich bezeichnet wird (ohne dass eine klinische Diagnose existiert), und wirklicher Verwahrlosung? Erstere sind in aller Regel sehr aktiv, vielseitig interessiert, sprunghaft, möchten aus allem irgendwie noch Brauchbarem »etwas« machen und haben einen Drang zum Perfektionismus. Solche Eigenschaften, verbunden mit einem ausgeprägten Sammlertrieb, sind das Holz, aus dem Messies geschnitzt sind. Sie verstricken sich in einem Zuviel an Ideen, Informationsmedien sowie Waren aller Art. Häufige Begleiter und Auslöser sind Depression, sozial missliche Umstände, Zwang und Suchtprobleme.

Verwahrlosung und Vermüllung jedoch ist meistens Folge von schweren psychischen Störungen, Krankheiten, selbstzerstörendem Alkoholkonsum oder Demenz. Derart betroffene Menschen lassen sich fallen und ziehen sich häufig ganz von der Nachbarschaft und der weiteren Umwelt zurück. Nur unter ungünstigen Umständen, bei totaler Überforderung etwa, kann ein ganz »normaler« Messie in die Vermüllung abdriften.

Gemeinsam ist beiden Bereichen, dass es immer um Menschen geht. Um Menschen mit einem Schicksal, einer Prägung und einer Geschichte, mit Höhen und Tiefen, Stärken und Schwächen. Eine der letzteren ist gewiss das Messie- oder Vermüllungssyndrom. Die reisserischen Fernsehbilder verleiten uns dazu, den Menschen mit seinem Messieproblem gleichzusetzen.

Nun erscheint ein Kinofilm mit einem reisserischen Titel »Sieben Mulden und eine Leiche« und einem ebenso reisserischen Trailer. Gut, in unserer medienüberfluteten Gesellschaft muss man Marken setzen, um nicht übersehen oder überlesen zu werden. So wie ich es auch mit dem Titel zu diesen meinen Gedanken tue. Entscheidend ist dann letztlich der Inhalt. Wenn der Film — ich sage dies, noch ehe ich ihn gesehen habe — nicht beim Bild vom Chaos stehen bleibt, sondern den Menschen hinterleuchtet, der dahinter gestanden hat, so entsteht hoffentlich ein differenzierteres Bild. Das Bild eines Menschen, das ihn nicht auf seinen Schatten reduziert, sondern von einer Frau mit vielen Facetten, eines Menschen mit seinen Stärken und Schwächen.

Lassen wir uns vom Film zu diesem Menschenbild prägen.

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